Ähnlich einer Partnervermittlung bietet die Themenbörse Abschlussarbeiten das perfekte Matching für Suchende. Nämlich dann, wenn es ein wissenschaftlich zu lösendes Problem gibt. Aktuelles Beispiel ist Kirchberg am Wagram, das mit einem ehemaligen Gefängnis einen typischen Leerstand hat, für das neue Nutzungsideen gesucht und dank Architekturstudierender der TU Wien auch gefunden wurden. Anfang Oktober wurden die besten Nutzungskonzepte in Entwürfen und als Modelle präsentiert. Die architektonische Problemstellung wurde als Lehrveranstaltungsthema an der Themenbörse angeboten und vermittelt.
Vom Gefängnis zur Kultur
Die Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige hat eine lange Geschichte. 1912/13 wurde sie als Gefängnis im neoklassizistischen Stil - gemeinsam mit dem Kirchberger Gerichtsgebäude - errichtet. Das Gefangenenhaus wurde bis zur Schließung 1974 als Außenstelle und Straflager des "Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige" Kaiserebersdorf geführt. Bis kurz nach der Jahrtausendwende wurde es als Aktenarchiv genutzt.
Mit der Gründung des Vereins Kunst Kutlur Kirchberg im Jahr 2015 hat sich das dunkle Blatt der Geschichte zum Positiven gewenet. Mehrere Kulturprojekte mit Bevölkerungsbeteiligung wurden initiiert und umgesetzt. Seither hält Kunst und Kultur Einzug in den Gemäuern.
Wie das architektonische Juwel mit dunkler Vergangenheit schlussendlich genutzt werden soll, darüber gab es zwar vage Vorstellungen, aber keine konkreten Pläne. Die Gemeinde Kirchberg am Wagram hat die Chance genutzt und das Angebot wahrgenommen, eine architektonische Problemstellung zu formulieren, diese an der Themenbörse Abschlussarbeiten anzubieten und im Rahmen einer Lehrveranstaltung von Architekturstudierenden lösen zu lassen. Ergebnis waren mehr als 20 Nutzungsideen und Entwürfe sowie Modelle. Die besten 8 wurden am 6. Oktober 2022 vor Fachkundigen und allgemein Interssentierten in Kirchberg am Wagram präsentiert.
Gemeinsamkeiten der best-of-Ideen
Auffallend war die große Homegenität der Entwürfe. Die Studierenden haben ihre Nutzungskonzepte mit viel Fingerspitzengefühl und sehr bedacht ausgearbeitet. Allen gemein war, das ehemalige Gefängnis in seinem Charakter zu belassen und bewusst an die Geschichte zu erinnern. Einige der Entwürfe belassen die ehemaligen Gefängnistüren als sichtbare Gestaltungselemente im Inneren.
Helle, lichtdurchflutete Räume, Barrierefreiheit, die Verwendung natürlicher Materialien, die Öffnung des Altbestands Richtung Garten und das bewusste Schaffen einer freundlichen, lockeren Atmosphäre mit starkem kulturellen "touch" waren allen 8 Entwürfen gemein. Die uneingeschränkte Zugänglichkeit zum Gebäude und deren Nutzung für die lokale Bevölkerung haben alle Studierenden mit ihren Nutzungsvorschlägen betont und in ihren Modellen umgesetzt.
Die Studierenden und ihre greifbaren Entwürfe
- Mona Zawosta - Kunsthaus - Kunst gemeinsam
- Julia Ecker - Das Kirchberger Haus
- Benjamin Erhart - Connecting Art
- Ludwig Lars - Kulturhaus Kirchberg am Wagram
- Bernadette Roth - Treffpunkt Kultur - Jugend- und Kulturzentrum Kirchberg am Wagram
- Bernarda Ehrenhöfer - Kunsthaus Kirchberg am Wagram
- Theresa Pühringer - Havn [sprich Häfn oder haven (englisch für Himmel) ]
- Jonathan Kaserer - Unchained [nicht vor Ort präsentiert]
Wie es weiter geht oder gehen kann
Die Gemeinde Kirchberg am Wagram hat großes Interesse daran, das leerstehende ehemalige Gefängnis zu nutzen. Die präsentierten Entwürfe haben nicht nur den Kirchberger Bürgermeister Wolfgang Benedikt überzeugt, sondern auch den Kleinregionsobmann und geschäftsführenden Gemeinderat Franz Aigner und Stefan Czamutzian Manger der Klima- und Energiemodellregion Wagram. Die Realisierung wird aufgrund zweier zu priorisierender Projekte (FF Haus, Kindergarten) in der Gemeinde und der für eine Umsetzung der Entwürfe erforderlichen hohen budgetären Mittel eher mittel- bis langfristig möglich sein.
Die Gemeinde kann dem vor Ort angebotenen Vorschlag, die Themenbörse Abschlussarbeiten erneut für eine wissenschaftliche Aufgabenstellung zu nutzen, etwas abgewinnen und erneut eine konrekte Themenstellung formulieren. Dann mit einem wirtschaftlichen Fokus, der die Machbarkeit - sprich Finanzierung - der Nutzungskonzepte unter die Lupe nehmen wird.
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